Über die Blockflöte


Wenn ich meinen Mitmenschen erzähle, dass ich Blockflöte studierte, ernte ich die vielfältigsten Reaktionen. Sie reichen von Anerkennung und Bewunderung über Erstaunen bis hin zu Verwunderung und Belustigung. Vielleicht werden bei dem ein oder anderen nicht immer positive Kindheitserinnerungen geweckt und bedauerlicherweise muss ich mich oft der mit einem spöttischen Grinsen begleiteten Frage "Dieses Kinderinstrument kann man ernsthaft studieren?" stellen.

 

Dabei ist die Flöte eines der weltweit ältesten Instrumente. In der Steinzeit hatte die frühe Flöte eine Funktion als Volksinstrument und Hirtenflöte. Sie war einfach zu bauen, leicht zu erlernen und das perfekte Instrument um Tiere anzulocken. Im Mittelalter und in der Renaissance war sie Vertreter der menschlichen Stimme. In der Barockzeit war sie eines der am häufigsten vertretenen und beliebtesten Instrumente. Berufliche Blockflötisten waren bekannt als Stadtpfeifer oder Turmbläser. Die „Flauto Dolce“ (Altblockflöte) und Tenorblockflöte charakterisierten mit ihrem zart klingenden Ton den Ausdruck von Schmerz, Freude und Süßigkeit. Sopranblockflöten verwendete man für Tänze oder zur Nachahmung von Vogelgezwitscher. Als Soloflöte setzte sich allerdings die Altblockflöte durch.

Für dieses Instrument erschienen in der Barockzeit zahlreiche Solosonaten, die heute zum Hauptrepertoire der Blockflötisten zählen. Zum Verhängnis wurde ihr allerdings um 1700 das neue Klangideal: es forderte von dem leisen und sanften Instrument mehr Klang, wodurch die klanglich stärkere Querflöte immer mehr in den Vordergrund trat.

 

Nach 150jährigem Dornröschenschlaf wurde die Blockflöte zu Beginn des 20. Jahrhunderts als historisches  Musikinstrument bei Musiker und Musikwissenschaftler, als Volksmusikinstrument bei Musikpädagogen und als praktisch einfach zu erlernendes Instrument bei Anhänger der Jugendmusikbewegung wiederentdeckt. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Museen und der Musikwissenschaft wurden Instrumentenbauer beauftragt Kopien von Originalinstrumenten herzustellen. Arnold Dolmetsch konzentrierte sich auf teure Blockflöten mit „englischer“ oder „barocker“ Griffweise. Peter Harlan dagegen wollte ein Volksinstrument für Kinder und Laien auf den Markt bringen. Durch ihn entstanden eine Blockflötenbewegung, aber leider auch viele klanglich weniger brauchbare Blockflöten. Die Persönlichkeiten, die begannen sich mit der Blockflöte auseinanderzusetzten waren auf andere Instrumente spezialisiert und übertrugen ihr Wissen auf die Blockflöte. Erst aus diesen Autodidakten wurden die ersten Blockflötisten ausgebildet. Ohne Peter Harlan hätte es bestimmt keine solche Blockflötenwelle gegeben. Zugleich muss man aber feststellen, dass ab diesem Zeitpunkt die Blockflöte ihren Ruf als Anfänger- und Kinderinstrument bekommen hat und diesen seither nicht mehr loswurde.

 

Ab 1960 entwickelte sich eine völlig neue Spieltechnik. Frans Brüggen veranlasste den Bau von Blockflöten, die exakte Kopien von Originalinstrumente aus der Barockzeit sind. Seither gibt es in Hochschulen einen Studiengang für das Instrument und gelangt somit in die Hände professioneller Musiker.

 

Da meine Eltern dachten, dass die Flöte ein guter musikalischer Einstieg sei, begann ich im Alter von fünf Jahren mit dem Sopranblockflötenspiel. Nach sechs Unterrichtsjahren gingen meine Eltern davon aus, dass ich mit dem Instrument abgeschlossen habe und nun ein anderes lernen dürfe.

Ich entschied mich für die Querflöte, welche ich in den fünf darauffolgenden Jahren zu spielen und schätzen lernte. Doch obwohl mir die Querflöte viel Freude bereitete, hatte ich meine Blockflöte nie vergessen und immer wieder auf ihr die einmal gelernten Stücke gespielt. Eines Tages wurde ich durch eine Zeitungsanzeige auf ein Blockflötenkonzert aufmerksam gemacht und entschloss mich kurzerhand, es zu besuchen. Dieses Konzert öffnete mir die Augen. Mir wurde bewusst, welch tolles, virtuoses Spiel auf der Blockflöte möglich ist. Es war ein Genuss und in mir wuchs der Wunsch, mich wieder der Blockflöte zuzuwenden. Die Blockflötistin des Konzertes wurde daraufhin meine nächste Blockflötenlehrerin und mit ihr zusammen bereitete ich mich wenig später auf die Aufnahmeprüfung am Mozarteum vor.